Finanzverwaltung äußert sich zu Kostenteilungsgemeinschaften

Die Kostenteilungsgemeinschaft ist für Nonprofit-Organisationen wichtig: Durch die Regelung werden Leistungen von Gemeinschaften an ihre Mitglieder unter gewissen Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat sich nun erstmals nach der gesetzlichen Neuregelung zu den Voraussetzungen geäußert.

Gemeinnützigkeitsrecht  |  21. Juli 2022  |  Lesezeit 4 Minuten

Was ist eine Kostenteilungsgemeinschaft?

Die Kostenteilungsgemeinschaft ist bereits seit dem 01.01.2020 gesetzlich verankert (§ 4 Nr. 29 UStG). Damit wurde EU-Recht in nationales Recht umgesetzt. Jetzt wurde dazu ein BMF-Schreiben veröffentlicht, das schon länger im Entwurf vorlag und in dem die Voraussetzungen der Kostenteilungsgemeinschaft erläutert werden.

Der Begriff „Kostenteilungsgemeinschaft“ wird im Gesetz nicht erwähnt. Dort heißt es, dass Leistungen von „selbständigen Personenzusammenschlüssen“ an deren Mitglieder von der Umsatzsteuer befreit sind. Solche Personenzusammenschlüsse können z.B. sein:

Das BMF hat nun klargestellt, dass der Zusammenschluss mindestens zwei Mitglieder umfassen muss. Deshalb kann eine sog. Ein-Mann-GmbH bzw. -AG (Kapitalgesellschaft mit nur einem Gesellschafter) keine Kostenteilungsgemeinschaft sein. Auch eine Stiftung kommt nicht in Betracht, da diese keine Mitglieder hat.

Was sind die Voraussetzungen einer Kostenteilungsgemeinschaft?

Damit insbesondere Nonprofit-Organisationen von der Steuerbefreiung profitieren können, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Das Mitglied, das die Leistung empfängt, muss selbst „dem Gemeinwohl dienende nicht steuerbare oder [bestimmte] steuerfreie Leistungen“ erbringen. Nicht steuerbare Leistungen sind bei Nonprofits insbesondere Tätigkeiten im ideellen Bereich, also die Erfüllung des gemeinnützigen Zwecks. Das BMF nennt außerdem die nichtunternehmerischen Tätigkeiten der öffentlichen Hand und der Religionsgemeinschaften. Von den steuerfreien Leistungen fallen nur bestimmte unter die Regelung, etwa ärztliche Heilbehandlungen oder Leistungen der Jugendhilfe.
  • Die Leistung muss unmittelbar an das Mitglied erbracht werden. Das BMF nennt als Beispiele hierfür die gemeinsame Anschaffung oder Nutzung von Geräten oder IT-Infrastruktur. Nicht begünstigt sind bloße Verwaltungsleistungen für die Mitglieder, etwa die Buchführung, Rechtsberatung oder Raumüberlassung.
  • Die Kostenteilungsgemeinschaft darf nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führen. Dieses Merkmal soll aber laut BMF restriktiv ausgelegt werden. Eine Wettbewerbsverzerrung wird nur in Ausnahmefällen angenommen, etwa wenn Leistungen auch in erheblichem Umfang an Nichtmitglieder erbracht werden oder der Zusammenschluss nur der Steueroptimierung dient.
  • Der Anteil an den gemeinsamen Kosten muss genau erstattet werden. Das bedeutet, dass die Leistungen der Gemeinschaft nur zum Selbstkostenpreis ohne Gewinnaufschlag erbracht werden dürfen. Die Kosten müssen nach einem plausiblen Verteilungsschlüssel auf die Mitglieder verteilt werden (z.B. nach Häufigkeit der Inanspruchnahme oder Höhe der Kapitalbeteiligung).

Welche Leistungen sind von der Umsatzsteuer befreit?

Steuerfrei sind nur Leistungen der Kostenteilungsgemeinschaft an ihre Mitglieder. Leistungen, die ein Mitglied an die Gemeinschaft erbringt, fallen nicht unter die Befreiung. Möglicherweise sind diese Leistungen aber aus anderen Gründen nicht steuerbar oder nicht steuerpflichtig.

NPO-freundliche Auslegung durch BMF, aber Risiken bleiben

Auch wenn das BMF die Regelung zur Kostenteilungsgemeinschaft erfreulicherweise sehr günstig für Nonprofits auslegt, sind einige Fragen weiter offen – etwa die Abgrenzung zwischen unmittelbaren Leistungen und Verwaltungsleistungen oder wann die Erheblichkeitsschwelle für Wettbewerbsverzerrungen überschritten ist. Um hohe Steuernachzahlungen zu vermeiden, sollten Nonprofits gründlich prüfen, ob bei ihnen die Voraussetzungen einer Kostenteilungsgemeinschaft vorliegen und ob sie die Befreiung in Anspruch nehmen können. Dies kann mit dem Finanzamt gegebenenfalls durch eine verbindliche Auskunft abgeklärt werden. Gerne berate ich Sie hierzu.

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