Bei Insolvenz des Schulträgers droht Widerruf der Schulgenehmigung

Eine Ersatzschule in Bayern geriet in wirtschaftliche Schwierigkeiten und musste Insolvenz anmelden. Für das Kultusministerium ein Grund, die Genehmigung zu widerrufen. Die Schule argumentierte vor dem Verwaltungsgericht mit einem Sanierungsplan, hatte damit aber – auch aus formalen Gründen – keinen Erfolg.

Privatschulrecht  |  26. August 2022  |  Lesezeit 5 Minuten
Bei Insolvenz des Schulträgers droht Widerruf der Schulgenehmigung

Ersatzschule verliert Genehmigung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Eine gGmbH betrieb in Bayern eine staatlich genehmigte Ersatzschule (Realschule). Vier Jahre nach ihrer Gründung geriet sie in wirtschaftliche Schwierigkeiten und das Insolvenzverfahren wurde eröffnet. Daraufhin wurden der Mietvertrag für die Schulräumlichkeiten und die Arbeitsverträge mit den Lehrkräften gekündigt. Auch mehrere Eltern kündigten die Schulverträge für ihre Kinder.

Wenige Monate später widerrief das zuständige Staatsministerium die Schulgenehmigung und ordnete die sofortige Vollziehung an. Der Widerspruch der gGmbH gegen den Widerruf hatte somit keine aufschiebende Wirkung – die Schule musste umgehend geschlossen werden.

Klage und Eilantrag vor Verwaltungsgericht

Gegen den Bescheid erhob die gGmbH Klage beim Verwaltungsgericht (VG) München und beantragte, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs im Eilverfahren wieder herzustellen. Das Gericht hatte also nicht nur darüber zu entscheiden, ob der Widerruf der Genehmigung rechtmäßig war, sondern auch, ob nach einer Interessenabwägung genug Gründe für eine sofortige Schulschließung sprachen.

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Argument der Schule: Sanierung durch Insolvenzplan möglich

Wird ein Insolvenzverfahren eröffnet, bedeutet das nicht automatisch den Untergang des Unternehmens. Das Insolvenzrecht ermöglicht auch eine wirtschaftliche Sanierung, damit das Unternehmen fortgeführt werden kann. Das kann über einen Insolvenzplan erfolgen, durch den die Gläubiger – nachdem sie über den Plan abgestimmt haben – auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten.

Ein solcher Insolvenzplan wurde im vorliegenden Fall aufgestellt. Die Schulträgergesellschaft argumentierte, dass die Zustimmung des Insolvenzgerichts und der Gläubiger sehr wahrscheinlich sei und dadurch die Insolvenz zum Start des neuen Schuljahres beendet werden könne. Fast alle Lehrkräfte hätten zugesagt, in diesem Fall weiter für die Schule zu arbeiten, auch der Vermieter wolle unter dieser Voraussetzung den Mietvertrag fortsetzen. Es gäbe auch viele Anfragen zur Aufnahme neuer Schüler. Die Finanzierung für das neue Schuljahr sei gesichert, da der neue Geschäftsführer selbst für die vorübergehende Finanzierungslücke aufkommen würde.

VG: Schulträger im Insolvenzverfahren nicht prozessführungsbefugt

Das VG lehnte den Antrag der Schule aus mehreren Gründen ab. Die gGmbH sei schon gar nicht prozessführungsbefugt – stattdessen hätte nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Insolvenzverwalterin den Antrag stellen müssen. Die Schulgenehmigung habe nämlich einen wirtschaftlichen Wert, der zur Insolvenzmasse gehöre.

Wirtschaftliche Stellung der Lehrkräfte sei nicht gesichert, Anstieg der Schülerzahl zweifelhaft

Aber auch in der Sache sei der Widerrufsbescheid wohl rechtmäßig. Aufgrund der finanziellen Schieflage der Schule lägen die Genehmigungsvoraussetzungen (Art. 7 Abs. 4 GG) nicht mehr vor. Insbesondere sei die rechtliche und wirtschaftliche Stellung der Lehrkräfte nicht mehr gesichert. Das VG war nicht davon überzeugt, dass der künftige Geschäftsführer die Verluste ausgleichen könnte und würde. Das Gericht stellte außerdem die Prognose der Schule zur Neuanmeldung von Schülerinnen und Schülern in Frage – es sei nicht nachvollziehbar, dass sich (wie von der gGmbH vorgetragen) die Schülerzahl während eines laufenden Schuljahres von 30 auf 63 mehr als verdoppeln würde – zumal die Schule ihre schlechte wirtschaftliche Situation gegenüber Interessenten noch nicht offengelegt hätte.

Schulaufsicht soll schulpflichtige Kinder schützen

Das VG wies zudem darauf hin, dass die Genehmigungsvoraussetzungen für Ersatzschulen den Sinn habe, neben den Schülern die Allgemeinheit vor unzureichenden Bildungseinrichtungen und Defiziten im Bildungserfolg zu schützen. Dauerhafte finanzielle Probleme könnten dazu führen, dass der Schulbetrieb nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten stattfinden könnte. Die staatliche Schulaufsicht müsse aber sicherstellen, dass schulpflichtige Kinder eine Ersatzschule über das gesamte Schuljahr besuchen können.

VG: Gebäude und Lehrkräfte zum Schulanfang nicht gesichert

Auch das Argument der gGmbH, dem Insolvenzplan würde wahrscheinlich zugestimmt und die Krise so überwunden, ließ das Gericht nicht gelten. Auch wenn die Gläubiger dem Plan zustimmen würden, könne der Plan wegen der laufenden Rechtsmittelfrist zum Schulbeginn nicht rechtskräftig werden. Da aber Vermieter und Lehrkräfte ihre Verträge von der Wirksamkeit des Insolvenzplans abhängig gemacht hatten, sei nicht sicher, ob im neuen Schuljahr überhaupt ein Schulgebäude und Lehrkräfte zur Verfügung stünden.

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