Müssen Musikschullehrer festangestellt sein?

Wegen einer unwirksamen Rechtsverordnung behalten Musikschulen in Sachsen-Anhalt ihren Anspruch auf staatliche Förderung, auch wenn sie überwiegend Honorarkräfte beschäftigen. Die Entscheidung zeigt: Für Privatschulen kann es sich lohnen, die Rechtmäßigkeit von Behördenentscheidungen gerichtlich prüfen zu lassen.

Privatschulrecht  |  25. Januar 2023  |  Lesezeit 4 Minuten
Müssen Musikschullehrer festangestellt sein?

Staatliche Förderung für Musikschulen ergibt sich aus Landesgesetzen und Landesverordnungen

Während sich die Genehmigungsvoraussetzungen für Ersatzschulen direkt aus dem Grundgesetz ergeben, sind die Bundesländer bei der Regulierung von Ergänzungsschulen weitgehend frei. Ergänzungsschulen sind Bildungseinrichtungen, die kein Ersatz für eine staatliche Regelschule sind, also zum Beispiel Musikschulen, Fahrschulen oder Nachhilfeschulen. Die Voraussetzungen für den Betrieb solcher Schulen ergeben sich meist aus Landesgesetzen und den darauf beruhenden Landesverordnungen.

So regelt beispielsweise in Sachsen-Anhalt das Musikschulgesetz, wann eine Musikschule Anspruch auf staatliche Förderung hat. Einzelheiten werden in einer Musikschulverordnung des Kulturministeriums geregelt. Um den Inhalt dieser Rechtsverordnung wurde zuletzt vor den Verwaltungsgerichten gestritten.

Worum ging es in dem Fall?

Eine Musikschule in Sachsen-Anhalt beschäftigte überwiegend freiberufliche Honorarkräfte zur Durchführung des Unterrichts. Das Ministerium versagte der Schule jedoch die finanzielle Förderung, da nach der „Verordnung zur Förderung der Musikschulen“ der überwiegende Anteil der Wochenstunden durch festangestellte Lehrkräfte geleistet werden sollte. Hiergegen klagt der Träger der Musikschule vor dem Verwaltungsgericht (VG) Halle.

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VG: Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt

Das VG gab der Klage statt und entschied, dass das Ministerium erneut über den Antrag der Musikschule zu entscheiden hatte. Sein Urteil begründete das Gericht damit, dass die Behörde ihr Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt und nicht erwägt hätte, ob der Zweck des Musikschulgesetzes (kontinuierlicher und planmäßiger Unterricht) in diesem Einzelfall nicht auch mit Honorar-Lehrkräften erreicht werden könnte. Diese Entscheidung wollte das Land Sachsen-Anhalt jedoch nicht akzeptieren und legte gegen das Urteil Berufung zum Oberverwaltungsgericht (OVG) ein.

OVG: Festanstellungs-Klausel in der Musikschulverordnung unwirksam

Das OVG wies die Berufung zurück und gab dem Schulträger Recht, allerdings mit einer anderen Begründung als das VG. Es liege nicht nur ein Ermessensfehler vor, sondern die Festanstellungs-Klausel der Musikschulverordnung sei rechtswidrig und damit unwirksam. Das Musikschulgesetz ermächtige nämlich das Ministerium als Verordnungsgeber nur dazu, die Qualifizierung der Lehrkräfte zu regeln. Die Vertragsgestaltung zwischen Schule und Lehrkräften (Arbeits- oder Dienstvertrag) habe aber nichts mit der Ausbildung zu tun. Ein derart gravierender Einschnitt in die Eigenständigkeit und Selbstbestimmung einer Musikschule bedürfe einer ausdrücklichen Ermächtigung durch den Gesetzgeber.

Entscheidungen von Behörden sollten rechtlich überprüft werden

Das Urteil betrifft unmittelbar nur Musikschulen in Sachsen-Anhalt und lässt sich nicht generell auf die finanzielle Förderung von Ergänzungsschulen übertragen. Allerdings zeigt die Entscheidung, dass Privatschulen nicht jede Behördenentscheidung kritiklos hinnehmen sollten. Das Handeln der Verwaltung muss mit Gesetzen und Verordnungen vereinbar sein, Verordnungen wiederum müssen im Einklang mit Gesetzen (und Verfassungsrecht) als höherrangigem Recht stehen. Häufig werden behördliche Entscheidungen nicht überprüft und einfach als die Rechtslage akzeptiert, obwohl deren Grundlagen möglicherweise rechtswidrig sind. Gerade wenn es um die existenziell wichtige Schulfinanzierung geht, sollten Schulträger genauer hinsehen und prüfen lassen, ob und in welcher Höhe ein Anspruch besteht.

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