Finanzierung von Ersatzschulen darf auf tatsächliche Ausgaben beschränkt werden

In Sachsen hatte eine Ersatzschule wegen eines Fehlers der Schulbehörde zu wenig Finanzhilfe erhalten und deshalb auch nur in diesem Umfang Ausgaben getätigt. Eine Übergangsvorschrift sorgte dafür, dass die Schule später leer ausging. Laut Oberverwaltungsgericht stellt die Regelung keine Verletzung der Privatschulfreiheit dar.

Privatschulrecht  |  25. August 2022  |  Lesezeit 5 Minuten

Worum ging es in dem Fall?

Eine Berufsfachschule in freier Trägerschaft in Sachsen beantragte staatliche Finanzhilfe für 13 Schüler im dritten Ausbildungsjahr. Die Schulbehörde lehnte die Zahlung zunächst ab, da sie der Meinung war, die vierjährige Wartefrist seit Genehmigung der Schule sei noch nicht abgelaufen. Die Wartefrist war zuvor von vier auf drei Jahren geändert worden und es existierten Übergangsregelungen im Gesetz (SächsFrTrSchulG), die die Berechnung kompliziert machten.

Klage vor dem Verwaltungsgericht führt nicht zum gewünschten Erfolg

Gegen diese Entscheidung klagte die Berufsfachschule vor dem Verwaltungsgericht (VG) Leipzig. Noch vor dem Urteil erkannte die Schulbehörde zwar an, dass die Wartefrist erfüllt war und grundsätzlich ein Anspruch auf Finanzhilfe bestand. Das VG urteilte allerdings, dass wegen einer anderen Übergangsvorschrift die Finanzhilfe auf die nachgewiesenen tatsächlichen Ausgaben des laufenden Schulbetriebs beschränkt sei.

Da die Schule jedoch infolge der falschen Wartefristberechnung der Schulbehörde für die 13 Schüler keinen Zuschuss erhalten hatte, hatte sie auch keine nachweisbaren Ausgaben getätigt. Gegen das Urteil legte die Schule Berufung zum Oberverwaltungsgericht (OVG) Sachsen ein.

Wie entschied das OVG Sachsen?

Das OVG Sachsen gab der Schulbehörde Recht und wies die Berufung zurück. Die Finanzhilfe sei zu Recht auf die nachgewiesenen tatsächlichen Ausgaben des laufenden Schulbetriebs beschränkt worden, da die Übergangsvorschrift auf die 13 Schüler anwendbar sei.

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Keine Verletzung der Privatschulfreiheit

Das Gesetz verletze die die Schule auch nicht in ihrer Privatschulfreiheit aus Art. 7 Abs. 4 des Grundgesetzes und der Landesverfassung. Die staatliche Förderpflicht solle nur sicherstellen, dass Ersatzschulen ihre Genehmigungsanforderungen dauerhaft erfüllen könnten und Neugründungen faktisch möglich blieben. Eine (übergangsweise) Beschränkung auf die tatsächlichen Ausgaben orientiere sich an den existenziellen Bedürfnissen der Schule und sei deshalb verfassungsgemäß.

Rücklagen sind keine Ausgaben des laufenden Schulbetriebs

Das OVG stellte außerdem klar, dass die Bildung von Rücklagen nicht zu den Ausgaben des laufenden Schulbetriebs gehört. Diese dienten stattdessen der Verbesserung der finanziellen Ausstattung des Schulträgers. Insofern konnte die Ersatzschule auch nicht mit dem Argument durchdringen, sie habe die Finanzhilfe in anderen Jahren ausgegeben oder für zukünftige Investitionen angespart.

Bundesverfassungsgericht gibt Ländern bei Schulfinanzierung weitgehende Freiheit

In den letzten Jahrzehnten hat sich das Bundesverfassungsgericht in mehreren Entscheidungen mit der staatlichen Förderung von Ersatzschulen beschäftigt. Dabei betont das Gericht immer wieder, dass es Sache des Gesetzgebers (also der für das Schulwesen zuständigen Landesparlamente) ist, ob und in welchem Umfang Ersatzschulen Finanzhilfen erhalten. Allerdings hat der Staat aus dem Grundgesetz eine Schutzpflicht gegenüber Ersatzschulen. Er ist zur Finanzhilfe verpflichtet, wenn das Ersatzschulwesen ohne die finanzielle Förderung evident gefährdet wäre.

Dieser Grundsatz schützt jedoch nur das Ersatzschulwesen als Institution. Es ist also unerheblich, ob eine einzelne Schule durch die unzureichende Förderung möglicherweise gefährdet ist. Nur wenn die Gründung und der Betrieb von Ersatzschulen durch die Ausgestaltung der Finanzhilfe in dem betreffenden Bundesland faktisch unmöglich gemacht wird, verstößt das Landesgesetz gegen das Grundgesetz. Diese hohe Hürde wird aber kaum jemals erreicht werden.

Andererseits ist nach dieser Rechtsprechung aber auch nicht vorstellbar, dass der Staat Ersatzschulen überhaupt nicht finanziell fördert oder die Finanzhilfe auf einen für den Schulbetrieb völlig unzureichenden Minimalzuschuss beschränkt. Denn Privatschulen haben nicht zuletzt aufgrund der vorgeschriebenen Gleichwertigkeit mit den Regelschulen einen hohen Finanzbedarf und dürfen Schulgeld nur in begrenzter Höhe unter Beachtung des Sonderungsverbots erheben.

Rechtslage im Bereich der staatlichen Finanzierung oft unübersichtlich

Die Entscheidung zeigt, dass bei der Ausgestaltung der staatlichen Finanzhilfe in den Bundesländern große Unterschiede bestehen und die Rechtslage auch für die entscheidenden Behörden oft unübersichtlich ist. Die Berufung auf die grundgesetzlich garantierte Privatschulfreiheit ist für Schulen in freier Trägerschaft oft der letzte Rettungsanker – führt aber gerade im Bereich der Schulfinanzierung selten zum Erfolg.

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