Anforderungen an das

Anforderungen an das „besondere pädagogische Interesse“ für private Grundschulen

Grundschulen in freier Trägerschaft werden nur unter bestimmten Voraussetzungen genehmigt – etwa, wenn ein besonderes pädagogisches Interesse vorliegt. Was das genau bedeutet, lesen Sie in diesem Artikel.

Zusätzliche Genehmigungsvoraussetzungen im Grundgesetz

Wer eine Schule in freier Trägerschaft (Ersatzschule) gründen möchte, muss die allgemeinen Genehmigungsvoraussetzungen des Grundgesetzes (Art. 7 Abs. 4) erfüllen. Wenn es sich um eine Grundschule handelt, gelten zusätzliche Anforderungen:

„Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.“

Art. 7 Abs. 5 GG

Die Grundschule ist die neue Volksschule

Auffällig ist, dass hier die Rede von einer „Volksschule“ und nicht von der Grundschule ist. Die Väter und Mütter des Grundgesetzes hatten bei dieser Formulierung die historische Volksschule nach preußischem Vorbild vor Augen. In der wurden Kinder von der 1. bis zum 8. Klasse gemeinsam unterrichtet, bevor einige – je nach Gesellschaftsschicht und Einkommen – eine höhere Schule besuchten. Seit sich in der Nachkriegszeit in ganz Deutschland das dreigliedrige Schulsystem durchgesetzt hat, ist der gemeinsame Schulbesuch auf die Grundschulzeit (1. bis 4. Klasse) beschränkt. Die Funktion der Volksschule, eine gemeinsame Bildungserfahrung unabhängig von Einkommen, sozialem Status und anderen Merkmalen zu schaffen, übernimmt heute die Grundschule. Deshalb sieht die Rechtsprechung Art. 7 Abs. 5 GG als ein Genehmigungserfordernis für Grundschulen.

Ausnahmecharakter der privaten Grundschule

Aus der besonderen Rolle der Grundschule als Ort der integrativen Bildung folgt, dass das Grundgesetz die Genehmigung privater Grundschulen als Ausnahme und nicht als Regel betrachtet. Denn Schulen in freier Trägerschaft können sich ihre Schülerschaft (bei Beachtung des Sonderungsverbots) selbst aussuchen und stehen in diesem Sinne nicht zwangsläufig jedem Kind offen. Das Grundgesetz sieht zwei mögliche Ausnahmen vor:

  • Anerkennung eines besonderen pädagogischen Interesses oder
  • Bestehen einer Gemeinschafts-, Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule.

Wann besteht ein besonderes pädagogisches Interesse an der Genehmigung einer privaten Grundschule?

Ein besonderes pädagogisches Interesse liegt vor, wenn das Konzept der Grundschule eine sinnvolle Alternative zum bestehenden öffentlichen und privaten Schulangebot bietet.

Diese Punkte sind dabei zu beachten:

  • Das pädagogische Konzept der Schule muss wissenschaftlich begründbar sein – es muss sich also innerhalb der Bandbreite von Theorien und Methoden bewegen, die in der pädagogischen Fachwelt ernsthaft diskutiert werden.
  • Die „Besonderheit“ des pädagogischen Konzepts erfordert nicht, dass es grundlegend neu ist – es reicht aus, wenn bereits bestehende Konzepte mit neuen Ansätzen kombiniert werden.
  • Außerdem muss das pädagogische Konzept nicht einmalig sein – die Schulverwaltung kann ihre Ablehnung nicht allein damit begründen, dass es schon vereinzelt öffentliche oder private Schulen mit diesem Konzept gibt.
  • Der Schulträger muss darlegen, dass ein besonderes pädagogisches Interesse vorliegt – also ein umfassendes Konzept ausarbeiten, das die Pädagogik darstellt und konkret auf die Schule bezogen ist.
  • Das besondere pädagogische Interesse muss von der Schulverwaltung anerkannt werden – allerdings ist sie in ihrer Entscheidung nicht völlig frei, da der Begriff durch die Gerichte überprüfbar ist.

Rechtliche Unterstützung für Grundschulen in freier Trägerschaft

Sie haben Fragen zu den Voraussetzungen des besonderen pädagogischen Interesses? Die Schulverwaltung erkennt das pädagogische Konzept Ihrer Schule nicht an? Dann sprechen Sie mich gerne an und vereinbaren einen Beratungstermin.

Weitere Artikel

Gründung und Genehmigung einer Ersatzschule

Privatschulrecht

Das Recht, Schulen in freier Trägerschaft zu gründen, wird durch das Grundgesetz gewährleistet. Das Privatschulrecht regelt den Schulbetrieb und die Rechtsbeziehungen zwischen Schule, Eltern und Schülern.
weiterlesen
Gründung und Genehmigung einer Ersatzschule

Gründung und Genehmigung einer Ersatzschule

Durch den Besuch einer Ersatzschule können Schülerinnen und Schüler ihre Schulpflicht wie an einer staatlichen Regelschule erfüllen. Das unterscheidet sie von einer Ergänzungsschule, die das staatliche Angebot nur erweitert. Die Voraussetzungen für die Gründung einer Ersatzschule sind durch das Grundgesetz vorgegeben und werden durch das Landesrecht konkretisiert.
weiterlesen
Unterrichtsgenehmigung für Lehrerinnen und Lehrer an Privatschulen

Unterrichtsgenehmigung für Lehrerinnen und Lehrer an Privatschulen

Schulen in freier Trägerschaft (Privatschulen), die als Ersatzschulen zugelassen sind, müssen nachweisen, dass ihre Lehrkräfte hinreichend qualifiziert sind. In den meisten Bundesländern steht die Lehrtätigkeit unter dem Vorbehalt der Einzelgenehmigung. Das bedeutet, dass für jede Lehrkraft eine eigene Unterrichtsgenehmigung beantragt werden muss.
weiterlesen

Blogartikel zum Thema

Nachhilfeanbieter muss Corona-Soforthilfe trotz Online-Unterricht nicht zurückzahlen

Nachhilfeanbieter muss Corona-Soforthilfe trotz Online-Unterricht nicht zurückzahlen

28. Februar 2023
Im Chaos der beginnenden Corona-Pandemie wurden die Regeln für Soforthilfen an Unternehmen so häufig geändert, dass anscheinend selbst Behörden den Überblick verloren haben. Das VG Gelsenkirchen entschied jetzt, dass ein Nachhilfeanbieter Anspruch auf den Zuschuss hatte, obwohl er während des Lockdowns Online-Unterricht für seine Schüler anbot.
weiterlesen
Verfassungsbeschwerde gegen Privatschulfinanzierung unzulässig

Verfassungsbeschwerde gegen mangelhafte Finanzierung von Privtschulen unzulässig

22. Februar 2023
Ein Schulträger hatte sich gegen die aus seiner Sicht unzureichende staatliche Finanzierung erfolglos durch die Instanzen geklagt. Jetzt ist er auch vor dem Sächsischen Verfassungsgerichtshof gescheitert. Der Fall zeigt, warum es so schwierig ist, die Höhe der Finanzhilfe mit verfassungsrechtlichen Argumenten anzugreifen.
weiterlesen
Erhöhung des Schulgelds muss nicht genehmigt werden

Erhöhung des Schulgelds muss nicht genehmigt werden

31. Januar 2023
Eine Privatschule aus Berlin klagte, um die Senatsverwaltung zur Genehmigung ihrer geplanten Schulgelderhöhung zu verpflichten. Das sei aber gar nicht ihre Aufgabe, entschied das Verwaltungsgericht.
weiterlesen

Rechtsgebiete

Gemeinnützigkeitsrecht

Gemeinnützigkeitsrecht

Das Steuerrecht gewährt Körperschaften (z.B. Verein, Stiftung, GmbH) unter bestimmten Voraussetzungen Steuerbefreiungen. Dazu müssen sie steuerbegünstigte Zwecke selbstlos verfolgen, also nicht in erster Linie aus eigenwirtschaftlichen Motiven handeln.
weiterlesen

Vereinsrecht

In Deutschland gibt es rund 620.000 Vereine mit über 50 Millionen Mitgliedern. Die Gründung eines eingetragenen Vereins (e.V.) ist vor allem für ehrenamtliche Projekte beliebt, da sie relativ unkompliziert und ohne Startkapital möglich ist. Doch nicht für jeden guten Zweck ist der Verein die beste Rechtsform.
weiterlesen
Stiftungsrecht: Formen und Gründung einer Stiftung

Stiftungsrecht: Formen und Gründung einer Stiftung

Durch die Gründung einer Stiftung trennt sich der Stifter endgültig von seinem Vermögen und führt es dem gewählten Stiftungszweck zu. Welche Voraussetzungen dabei zu erfüllen sind und welche (steuerlichen) Vorteile die Gründung bringt, hängt von der Wahl der Stiftungsform ab.
weiterlesen

Gesellschaftsrecht: Gründung von Gesellschaften und Wissenswertes für Nonprofits

Insbesondere wenn mehrere Personen zusammen auf Dauer wirtschaftlich tätig sein wollen, bietet sich die Gründung einer Gesellschaft an. Zwischen den Gesellschaftsformen bestehen aber einige wichtige Unterschiede - für Nonprofit-Organisationen kommen nur bestimmte in Frage.
weiterlesen
Gründung und Genehmigung einer Ersatzschule

Privatschulrecht

Das Recht, Schulen in freier Trägerschaft zu gründen, wird durch das Grundgesetz gewährleistet. Das Privatschulrecht regelt den Schulbetrieb und die Rechtsbeziehungen zwischen Schule, Eltern und Schülern.
weiterlesen